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Elf Tipps für gesundes Laufen

Rheinische Post
VON TANJA WALTER

https://epaper.rp-online.de/article/4ba43a60445340fb6e82293d2c05073f47c7672c6ab8d1e9068993cdc8963618

 

Sportmediziner Michael Fritz gibt Tipps

Der Frühling motiviert viele zu einem sportlichen Neustart. Doch die alten Turnschuhe zu schnüren und einfach loszurennen, ist keine gute Idee.

Zu viel sitzen, zu wenig Ausdauer, Lust auf frische  Luft und schließlich der Wunsch, wieder aus der Moppelecke zur Bikinifraktion zu wechseln – es gibt viele gute Gründe, mit dem Laufen zu starten. Aber mal ehrlich: Zu denen zu zählen, die schweren Schrittes mit hochrotem Kopf durch Wald und Flur hecheln, ist auch nicht cool. „Vor allem aber ist es nicht gesund“, sagt Michael Fritz, stellvertretender Vorsitzender der Sportärztebundes Nordrhein, Sport- und Allgemeinmediziner und erfahrener Ausdauerathlet. Denn beim Laufen geht es um mehr als den inneren Schweinehund zu besiegen.
 

Tipp 1: Vor dem Start den Gesundheitszustand checken 

Laufen ist eine der beliebtesten Ausdauersportarten, doch nicht für jeden geeignet. „Menschen mit ernsthaften orthopädischen Problemen, Fußfehlstellungen oder Arthrose in der Hüfte, in Beinen, Füßen oder Sprunggelenken sollten nicht laufen“, sagt Sportmediziner Fritz. Manchmal offenbart dies auch der Blick auf die Waage: Ab einem BMI von 35 sollte man sich ebenfalls für eine andere Sportart entscheiden, rät Fritz. Schwimmen, Nordic Walking oder Radfahren stellen dann gesündere Alternativen dar. Für über 40-Jährige, die sportlich nie aktiv waren, macht vor dem Laufstart eine sportmedizinische Untersuchung Sinn. Bei dieser können beispielsweise Bluthochdruck oder eine nicht entdeckte Herzkrankheit ausgeschlossen werden. Sie sind selten, können aber folgenreich sein.

Tipp 2: Anfängerfehler von vornherein vermeiden 

In diese Falle tappen fast alle Laufanfänger: Vom Ehrgeiz gepackt liefen die meisten zu schnell, zu oft und zu weit, sagte Fritz. Sie überforderten sich und riskierten Schmerzen, Verletzungen und vor allem wachsende Unlust, den gerade begonnenen Sport überhaupt fortzusetzen. Denn Fitness ist nicht auf Knopfdruck da, sondern braucht ihre Zeit.

Tipp 3: Zu Beginn forsch gehen statt laufen

Vor allem nach längerer Sportpause sollte man lieber etwas untertourig starten und mit Gehen beginnen, rät Fritz. Wer schnellen Schrittes fünf Kilometer schafft, ist gut aufgestellt, um beim nächsten Training mit ersten kurzen Laufphasen zu starten. Grundsätzlich empfiehlt es sich, drei- bis viermal in der Woche 20 bis 40 Minuten zu trainieren. Auf einen Trainingstag sollte immer mindestens ein Ruhetag folgen.

Tipp 4: Langsam starten, stetig steigern – der persönliche Trainingsplan

Für den Start empfiehlt es sich, rund fünf Kilometer im Wechsel zwischen kurzen Lauf und Geh-Intervallen zurückzulegen. „Dazu bieten sich Zeitintervalle wie eine Minute Gehen, 15 Sekunden Laufen, eine Minute Gehen, erneut 15 Sekunden Laufen an“, sagt der Laufexperte. Von Trainingstag zu Trainingstag baut man die Intervalle zunächst um 15 Sekunden und nach zwei Wochen jeweils um eine Minute aus. Die einminütige Gehpause behält man bei, bis man die fünf Kilometer durchlaufen kann. Wer mag, hängt dann alle zwei bis vier Wochen einen Kilometer dran. Mit der Zeit verbessert sich so die Kondition, ohne dass man sich überlastet. „Mit dieser Methode kann man es schaffen nach sechs Monaten zehn Kilometer durchzulaufen“, sagt Fritz.

Tipp 5: Laufen ohne Schnaufen

Mit der richtigen Intensität zu trainieren, ist eine Wissenschaft für sich. Laufanfängern empfiehlt Fritz, ihr Körperempfinden als Anhaltspunkt zu nehmen und sich an der sogenannten Borg-Skala zu orientieren. Sie bewertet das individuelle Belastungsempfinden, um nach Anstrengungs- und Luftnotgrad das richtige Training zu bestimmen. „Richtig trainiert man, wenn man beim Laufen etwas außer Atem ist und die Belastung als etwas anstrengend erlebt, man etwas schwitzt und seinen Puls spüren kann“, sagt Fritz. Beim Laufen sollte man noch Fünf-Wort-Sätze sprechen können. Nach dem Training sollte sich eine angenehme Erschöpfung einstellen.

Tipp 6: Pulsuhr als Motivator nutzen

Auch wenn das Training ohne eine Pulsuhr funktioniert: Technikfans und Laufambitionierte empfinden es dennoch oft als motivierender, mit dem elektronischen Helfer am Handgelenk zu trainieren. Dazu sollte man zunächst seine maximale Herzfrequenz berechnen. Die Faustformel für Männer: 220 minus Lebensalter ergibt die maximale Herzfrequenz (Zahl der Pulsschläge pro Minute). Bei Frauen errechnet sich der Wert aus 230 minus Lebensalter. Zu Beginn sollte man in einem Korridor zwischen 70 und 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz trainieren“, sagt Fritz.
Später kann man sich zwischen 75 und 85 Prozent belasten.

Tipp 7: Die alten Laufschuhe besser im Keller lassen

„Wer laufen will, sollte gute Laufschuhe haben und nicht in Sneakern oder sportlich aussehenden Straßenschuhen auf die Piste gehen“, sagt Fritz. Er empfiehlt, sich im Fachgeschäft beraten zu lassen. Dort sind Laufstilanalysen und Lauftypbestimmungen inklusive. Grundsätzlich sollten die Schuhe mindestens so lang sein, dass der große Zeh im Stehen eine Daumenbreite Platz nach vorne hat. Die Schuhe sollten zudem leicht sein und die Stoßbelastung dämpfen, die bei jedem Schritt vom Spunggelenk über die Knie und Hüftgelenke bis auf die Wirbelsäule wirken. Bei Schuhen, die ein bis zwei Jahre alt sind, werden die Kunststoffe in der Sohle mit der Zeit immer härter und verlieren ihre dämpfenden Eigenschaften – auch wenn sie nicht getragen werden.

Tipp 8: Läuferoutfit checken

Wer Sport treibt, wird warm. Darum sollte man sich so kleiden, dass man auf den ersten ein bis zwei Kilometern eher etwas fröstelt, rät der Experte. Baumwollshirts beliebter Sportmarken sind zum Laufen ungeeignet. „Sie kleben nach kurzer Zeit am Körper, weil sie den Schweiß nicht nach außen abtransportieren“ sagt der Sportmediziner. Er empfiehlt leichte, atmungsaktive Funktionskleidung. Die derzeit bei vielen Discountern angebotene Sportlerkleidung ist preiswert und erfüllt laut Fitz diesen Zweck.

Tipp 9: Gesund essen

Freizeitläufer benötigen keine ausgeklügelten Ernährungspläne. Fritz empfiehlt eine ausgewogene Ernährung, beispielsweise nach Art der mediterranen Küche. Sie orientiert sich an ballaststoffreicher Kost, wenig Fleisch und mehr pflanzlichen Fetten. Zwei bis drei Stunden vor dem Sport sollte man nicht essen, sonst drohen Aufstoßen, Magenbeschwerden und Seitenstechen. Wer Sport machen und Kilos verlieren möchte, sollte darauf achten, dass er täglich rund 500  Kilokalorien weniger isst und trinkt, als er verbraucht.
Vor allem sollte der Kalorienverbrauch durch das Laufen nicht überschätzt werden. Als grobe Faustregel gilt: Pro Kilometer Gehen oder Laufen verbrennt der Körper eine Kilokalorie pro Kilogramm Körpergewicht. Eine 70 Kilo schwere Person verbraucht auf zehn Kilometer 700 Kilokalorien. Laufend gelingt es ihr lediglich in kürzerer Zeit.

Tipp 10: Zur richtigen Zeit die richtige Menge trinken

Wer läuft, verliert Flüssigkeit. Dies gilt es rechtzeitig auszugleichen. Am besten, indem man sich vor und nach dem Lauf wiegt. „Die Differenz zeigt an, wie viel Flüssigkeit man durch Schwitzen verloren hat und wieder zuführen sollte“, sagt Fritz. Wer nach dem Lauf ein Kilo leichter ist, sollte innerhalb von zwei bis drei Stunden nach dem Training einen Liter trinken.
Dafür empfiehlt sich Wasser – auch wenn Energie- und Sportlerdrinks bei manchem beliebter sind. „Für Hobbysportler sind sie absolut unnötig“, sagt Fritz.

Tipp 11: Nach Corona und anderen Infekten Sportpause einlegen

Wenn der innere Schweinehund einmal überwunden ist, ist es blöd, auf Pause drücken zu müssen. Wer aber gerade eine Corona-Infektion durchgemacht hat, sollte nach asymptomatischem und milden Verlauf mindestens zwei Wochen pausieren und sich dann mit einem sportlich weniger belastenden Training wie Spazierengehen wieder an den Ausdauersport herantasten. Sollte Covid-19 mit einer Lungenentzündung einhergegangen sein, sind vier Wochen Pause angesagt. „Covid-19 ist eine entzündliche Systemerkrankung, die sich gleichzeitig in vielen Organen abspielt, und die auch Entzündungen der Herzmuskulatur – die Myokarditis – begünstigen kann“, sagt Fritz. Auch nach anderen Infektionen sollte man nicht zu früh wieder starten.
Nach einer Herzmuskelentzündung sollte man nach drei Monaten bei Null anfangen. Es kann Monate dauern, bis man zur alten Form zurückkehrt.

 

 

 


 

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