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Kriegt man mit Sport den Kopf frei?

Eindeutig ja, denn Sport ist Medizin.

Man atmet beim Sport nicht nur Sauerstoff, sondern auch Freiheit. Schritt für Schritt kann man den Kopf befreien. Sport erhöht die Stresstoleranz und verbessert den Stressabbau. Die Stresshormone werden balanciert. Auf sportliche körperliche Anspannung folgt zunächst körperliche und dann auch psychische Entspannung. Nach reiner mentaler Anspannung ist es dahingegen sehr schwierig zu entspannen, aber auf körperliche Tätigkeit folgt sie meist reflektorisch. Je mehr Stress man hat, desto mehr Sport müsste man ausgleichend treiben. Außerdem wirkt regelmäßiges Ausdauertraining antidepressiv und angstlösend.

Womit hängt das zusammen?
Sport macht glücklich. Was ist Glück? Die positive Psychologie definiert Glück mit Hilfe des  Akronyms PERMA.

  • Positive emotions: Im Sport spürt man Freude, Beschwingtheit und Vergnügen.
  • Engagement: Im Training kann ich meine persönlichen Stärken im Flowkanal ausleben ohne mich zu über- oder unterfordern.
  • Relationship: Das Training mit dem Partner (auchin Corona-Zeiten nicht verboten)
  • Meaning: Gerade in der Pandemie fragen sich viele: Wo ist der Sinn und Zweck? Wozu mache ich etwas? Hat das Bedeutsamkeit für mich? Sport eindeutig ja, denn er liefert Gesundheit und Leistungssteigerung. Ich spüre Selbstwirksamkeit, das bedeutet Selbstbestimmung und damit erlange ich Freiheit.
  • Accomplishment: Ich habe mein gesetztes Pensum erfüllt, mein Trainingsziel für heute geschafft. Ich habe meine eigene Leistung bewusst registriert und meine Fertigkeit wahrgenommen. Unabhängig vom Ergebnis kann ich mir mit Stolz selbst auf die Schulter klopfen. Unabhängig vom Ergebnis? Ja genau! Denn wir reden über Sport und nicht über Leistungssport, der zielt nur auf die Leistungssteigerung ab. Sport dahingegen ist eine freie spontane körperliche Aktivität, die zwar mit einem gewissen Maß an Anstrengung verbunden ist, aber insbesondere der Erholung, Zerstreuung und Entspannung dient.

Welcher Sport ist denn am besten geeignet?
Das ist egal, Hauptsache wir sind motiviert und haben Spaß und betreiben ihn deshalb auch regelmäßig! Lebe deine persönlichen Stärken aus. Das ist bei dem einen Laufen, dem anderen Tanzen, dem dritten ein Ballspiel, Walken oder Rennradfahren. 150 min pro Woche wären gut, 300 min pro Woche noch besser!

Wie motiviert man sich zum Training in der Pandemie?
Psychologen raten gerade jetzt zur festen Alltagsstruktur. Ein Trainingsplan kann helfen die Alltagsstruktur zu festigen. Zieldefinitionen und Trainingspläne sind erfolgreich, wenn sie sich am SMART Prinzip orientieren. SMART steht als Akronym für die Attribute: Spezifisch – Messbar – Attraktiv – Realistisch – Terminiert. Ich lege also zum Beispiel exakt fest, welchen Sport ich in welcher Dauer mit welcher Intensität an welchen Tagen der Woche absolviere. Ich setze mir Ziele, die ich entsprechend meinen Fähigkeiten als machbar betrachten darf und definiere meine persönlichen Nutzen wie zum Beispiel: Entspannung, Gesundheit, Fitness, Gewichtsregulation, besseres Aussehen, Stressregulierung, regelmäßige Gespräche mit der/m Freund/in und Trainingspartner/in beim Sport etc.

Nach welchen Regeln könnte man denn konkret mit Joggen beginnen?

  1. Beginne mit 3 x in der Woche 20 min Training.
    Steigere allmählich, aber nicht mehr als eine Einheit in der Woche um mehr als maximal 5 min.
  2. Laufe und Gehe im Wechsel nach Deinem persönlichen Anstrengungsempfinden.
  3. Laufe so langsam, dass Du es als recht leicht bis etwas anstrengend und dabei die die Luftnot als gering bis etwas Luftnot empfindest.
  4. Du sollst laufen ohne zu schnaufen.
  5. Wird das Laufen zu anstrengend lege eine Gehpause ein.
  6. In Gehpausen sollte sich Deine Atmung wieder beruhigen. Deine Atmung sollte dennoch beschleunigt sein.
  7. Beende die Gehpause und beginne wieder zu laufen, wenn Du die Anstrengung des Gehens als recht leicht empfindest.
  8. 3 x in der Woche 50 min Laufen sind ein gutes Ziel. Setze Dir einen realistischen Zeitrahmen von mindestens 18 Wochen. Aber setze Dich nicht unter Druck. Erreiche lieber das Ziel 3 Monate später, als zu rasch zu steigern und dann die Flinte ins Korn zu werfen.

Kann man diese Effekte wissenschaftlich erklären?
Sehr genau sogar:
Sport und Bewegung bewirken molekulare und zelluläre Veränderung im Gehirn und führen so zur Optimierung des Aufbaus der Nervenzellen und der biochemischen Abläufe.

Dem liegen zugrunde:
Volumetrische Veränderungen im Gehirn:

  • Die Gehirnsubstanz wächst vor allem im Hippocampus

Funktionelle Veränderung im Gehirn:

  • Nervennetzwerk und Leitungsgeschwindigkeit werden optimiert

Das bewirkt:

Verbesserung der Stimmung:

  • Angst und Depression schwinden

Verbesserung der Kognition:

  • Wahrnehmung, Denken, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Sprache werden optimiert

Die Prozesse werden vermittelt über:

  • Neurotrophe Faktoren:
    • Irisin, BDNF, IGF-1, VEGF
    • Nervenzellwachstum ↑, Nervenvernetzungen ↑, Reparaturen ↑, Nervenzelltod nach Schädigung ↓
  • Neurotransmitter:
    • Serotonin, Phenylethylamin, Glutamat, Endocannabinoide
    • Wachheit, Aufmerksamkeit, Lust und Belohnung, Stimmung, Entspannung, Zufriedenheit.
  • Neuropeptide:
    • ANP
    • Angstminderung, Panikreduktion, Stressregulation
  • Neuroendokrinologie:
    • Corticotrope Achse: Hypothalamus-Hypophyse-Nebenniere
    • Stresstoleranz, Stressabbau
  • Inflammationsprozesse:
    • Interleukine, Leukozyten, Lymphozyten, TNF- α, regulatorische T-Zellen ↑→Modulation der Immunreaktion→überschießende Immunantwort ↓
    • Reduktion von Entzündungsprozessen, weniger Zellschäden
  • Oxidative Prozesse:
    • Moderate Hypoxie im Training →HIF-α↑→EPO↑+ VEGF↑
    • Schutz vor Sauerstoffmangelschäden + ROS
    • Weniger Zellschäden 

Dr. med. Michael Fritz

 


 

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