Enhanced Games mit Doping: Spritzensport statt Spitzensport
Statement der DGSP zu den Enhanced Games:
Contra „Enhanced Games“ –
Warum die Verklärung von Doping keine Zukunft im Sport haben darf
Mit den Enhanced Games (siehe Pro-doping Enhanced Games to debut in Las Vegas with Trump Jr backing | Drugs in sport | The Guardian) kündigt sich ein Sportereignis an, das sich als „revolutionär“ feiert – tatsächlich jedoch eine gefährliche Rückentwicklung darstellt. Der bewusste Bruch mit den Anti-Doping-Regeln, die jahrzehntelang im Dienste der Fairness, Chancengleichheit und vor allem der Gesundheit von Athlet:innen standen, wird als Fortschritt verkauft. In Wahrheit untergräbt dieses Format die ethischen Grundwerte des Sports.
1. Leistungsmanipulation ist kein Fortschritt
Die Grundidee der Enhanced Games – leistungssteigernde Substanzen unter medizinischer Aufsicht zuzulassen – verkennt die eigentliche Bedeutung von Sport: Er basiert auf natürlicher Leistungsgrenze, harter Arbeit, Disziplin und fairer Konkurrenz. Wenn Medikamente, Hormone und experimentelle Therapien zur Norm werden, verkommt die körperliche Leistung zur biotechnologischen Wettkampfarena. Der Mensch wird zum Produkt. Diese Entwicklung ist nicht innovativ, sondern eine kommerzialisierte Technisierung des Körpers – mit unabsehbaren sozialen und gesundheitlichen Folgen.
2. Gesundheitsrisiken trotz „ärztlicher Aufsicht“
Die Annahme, leistungssteigernde Medikamente seien in einem kontrollierten Umfeld ungefährlich, ist naiv und wissenschaftlich fragwürdig. Viele leistungssteigernde Mittel sind medizinisch nur für bestimmte Krankheitsbilder zugelassen – nicht für gesunde Spitzensportler:innen. Die Langzeitfolgen von etwaigen Medikamentenkombinationen, Gentherapien oder experimentellen Substanzen sind weitgehend unerforscht. Gerade junge Athlet:innen könnten unter dem Druck stehen, sich zu „enhancen“, um konkurrenzfähig zu bleiben – auch auf Kosten ihrer Gesundheit. Das Versprechen von „Sicherheit durch Transparenz“ kann diesen systemischen Druck nicht kompensieren.
3. Ein Angriff auf Chancengleichheit
In den Enhanced Games wird aus Sport eine Investitionsfrage: Wer Zugang zu teuren Therapien, spezialisierten Ärzt:innen und biotechnologischen Ressourcen hat, ist im Vorteil. Chancengleichheit – ein zentrales sportliches Prinzip – wird durch kapitalgetriebene Selbstoptimierung ersetzt. Diese Entwicklung fördert nicht die besten Athlet:innen, sondern die am besten ausgestatteten.
4. Gesellschaftliche und moralische Signalwirkung
Was in Las Vegas beginnt, hat globale Ausstrahlung. Die Normalisierung des Doping unter dem Deckmantel der Wissenschaft sendet ein fatales Signal – an Nachwuchssportler:innen, an Vereine, an Schulen. Der Einsatz leistungssteigernder Mittel wird enttabuisiert, verharmlost und am Ende vielleicht sogar in weniger regulierten Sportarten nachgeahmt. Statt ein Bewusstsein für körperliche Selbstbestimmung und langfristige Gesundheit zu stärken, fördern die Enhanced Games ein Körperbild, das nur unter künstlicher Aufrüstung „genügt“. Dabei können diese Signale unabsehbare Folgen für Kinder und Jugendliche haben, die fasziniert von den ‚enhanced athletes‘ neue Rollenmodelle vorgeführt bekommen und somit den Startschuss für eine gefährliche Entwicklung setzen.
5. Die Vereinnahmung durch Ideologen
Nicht zuletzt werfen die Unterstützer der Enhanced Games ein Schlaglicht auf die politische und ideologische Agenda hinter dem Event. Die verantwortlichen Organisatoren, unterstützt durch milliardenschwere Investoren, propagieren ein Gesellschaftsbild, das auf radikalem Individualismus, technologischer Überhöhung und der Ablehnung gemeinschaftlicher Spielregeln basiert. Der Sport wird hier zum Experimentierfeld für eine Philosophie, in der das „stärkste“ Individuum alles darf – ohne Rücksicht auf Gemeinschaft, Nachhaltigkeit oder Ethik.
Fazit: Enhanced Games – ein Irrweg
Die Enhanced Games mögen als Spektakel Aufmerksamkeit gewinnen, doch sie untergraben die moralische Substanz des Sports. Statt Doping zu legalisieren, brauchen wir mehr Prävention, Aufklärung und Schutz für Athlet:innen. Sport darf nicht zum Laborversuch einer technikgläubigen Elite verkommen – sondern muss ein Ort bleiben, an dem Menschlichkeit, Fairness und Gesundheit im Vordergrund stehen.
Anti-Doping
Unter Doping im engeren Sinne versteht man die Einnahme verbotener Substanzen oder die Anwendung unerlaubter Methoden zur Leistungssteigerung im Sport. Die offizielle Definition des Dopings für organisierte Leistungssportler ist weiter gefasst und im Code der World Anti-Doping Agency (WADA) festgelegt.
Die organisierte deutsche Sportmedizin hat sich seit jeher klar und eindeutig gegen jede Form von Doping ausgesprochen, und sich in den letzten Jahrzehnten aktiv an der Weiterentwicklung des Diskurses über die Werte und Inhalte von Sport und der Definition von ärztlich erlaubten und nicht erlaubten Maßnahmen aktiv beteiligt. Klar ist, dass Sportärzte für eine fachgerechte medizinische Behandlung gesundheitlicher Probleme von Sportlern und für die medizinische Prävention von Erkrankungen, Überlastung und Verletzungen stehen. Sportärzte sind in bester medizinischer Tradition für ihre Patienten da. In diesem Kontext wird auch auf die sportmedizinische Ethik verwiesen.
Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention engagiert sich daher als DOSB-Verband mit besonderen Aufgaben auch im Projekt "Gemeinsam gegen Doping" der Nationalen Anti-Doping Agentur Deutschland.
Über die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention e.V.
Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention e.V. (kurz DGSP) ist die zentrale ärztliche Institution in der Sportmedizin sowie der Gesundheitsförderung und Prävention durch körperliche Aktivität. Die DGSP ist Mitglied des Deutschen Olympischen Sportbundes und somit Teil der organisierten Sportinfrastruktur in Deutschland. Mit ca. 6.500 Mitgliedern ist sie eine der größten wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften Deutschlands und die europaweit größte und weltweit älteste sportärztliche Vereinigung.

